Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
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Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Liebe Freunde,
in 2021 jährt sich mein Einstieg in die Motorradfahrerei zum 50. Mal. Aus diesem Anlass stelle ich hier einen Reisebericht ein, den die älteren Mitglieder im (alten) Domiforum bereits kennen. Dort stand er Anfang der 2010er Jahre schon einmal. Wenn ich den Beitrag hier trotzdem einstelle, dann geschieht dies deswegen, weil ich (a) für 2020 keinen aktuellen Reisebericht mit der Domi einstellen konnte und (b) weil ich glaube, dass einem Grufti großmütig verziehen wird, wenn er "mal wieder vom Krieg erzählt." Einer Reihe von neu hinzugekommenen Mitgliedern dürfte der Inhalt des nachfolgenden Beitrags allerdings unbekannt sein, weshalb ich mich nun erdreiste, das Nachfolgende einzustellen. Also:
Das Jahr 1971 liegt jetzt exakt 5 Jahrzehnte zurück. Damals nahm mein Leben zwei entscheidende Wendungen: Ich wurde mit dem Motorradbazillus infiziert, unternahm eine Hochzeitsreise zu dritt und lernte erst danach meine Ehefrau kennen. Mit ihr bin ich noch heute verheiratet. Aber der Reihe nach: Alles begann mit dem Film Easy Rider. Dessen Einfluss bewog 1970 meinen besten Freund Thomas und seine Kumpels zum Kauf von alten Zweitaktern aus der Zeit des frühen Wirtschaftswunders. Im August 1970 trieb die Clique dann ihre mit Sissybars und Hirschgeweihlenkern notdürftig auf Chopper getrimmten Westerwaldmotorräder nach Südfrankreich und Spanien. Was auch immer dabei passiert sein mag, am Ende der Reise gaben die meisten das Motorradfahren wieder auf. Vermutlich hatten die nicht eben üppigen Leistungsdaten der „Boliden“ - 8 bis 11 PS aus 200 ccm Hubraum - die anfängliche Begeisterung ihrer Besitzer merklich abkühlen lassen.
Thomas allerdings hielt eisern fest am Zweirad, musste sich jedoch nach neuen Reisepartnern umsehen. Und hier kam ich ins Spiel. Wir arbeiteten seinerzeit beide bei einer kleinen Spedition. In deren Lager stand die 200er DKW seines Bruders. Genau die sollte ich kaufen und außerdem noch den Einser-Führerschein nachmachen. Zunächst wehrte ich mich hartnäckig, denn mit Motorrädern hatte ich gar nichts am Hut. Thomas redete dann aber so lange auf mich ein, bis ich endlich die Waffen streckte, das 11 PS-Maschinchen für 300 Mark auf Raten kaufte und mich in einer Fahrschule anmeldete. Zwei Fahrstunden auf einem alten Roller genügten damals noch für den grauen Lappen.
in 2021 jährt sich mein Einstieg in die Motorradfahrerei zum 50. Mal. Aus diesem Anlass stelle ich hier einen Reisebericht ein, den die älteren Mitglieder im (alten) Domiforum bereits kennen. Dort stand er Anfang der 2010er Jahre schon einmal. Wenn ich den Beitrag hier trotzdem einstelle, dann geschieht dies deswegen, weil ich (a) für 2020 keinen aktuellen Reisebericht mit der Domi einstellen konnte und (b) weil ich glaube, dass einem Grufti großmütig verziehen wird, wenn er "mal wieder vom Krieg erzählt." Einer Reihe von neu hinzugekommenen Mitgliedern dürfte der Inhalt des nachfolgenden Beitrags allerdings unbekannt sein, weshalb ich mich nun erdreiste, das Nachfolgende einzustellen. Also:
Das Jahr 1971 liegt jetzt exakt 5 Jahrzehnte zurück. Damals nahm mein Leben zwei entscheidende Wendungen: Ich wurde mit dem Motorradbazillus infiziert, unternahm eine Hochzeitsreise zu dritt und lernte erst danach meine Ehefrau kennen. Mit ihr bin ich noch heute verheiratet. Aber der Reihe nach: Alles begann mit dem Film Easy Rider. Dessen Einfluss bewog 1970 meinen besten Freund Thomas und seine Kumpels zum Kauf von alten Zweitaktern aus der Zeit des frühen Wirtschaftswunders. Im August 1970 trieb die Clique dann ihre mit Sissybars und Hirschgeweihlenkern notdürftig auf Chopper getrimmten Westerwaldmotorräder nach Südfrankreich und Spanien. Was auch immer dabei passiert sein mag, am Ende der Reise gaben die meisten das Motorradfahren wieder auf. Vermutlich hatten die nicht eben üppigen Leistungsdaten der „Boliden“ - 8 bis 11 PS aus 200 ccm Hubraum - die anfängliche Begeisterung ihrer Besitzer merklich abkühlen lassen.
Thomas allerdings hielt eisern fest am Zweirad, musste sich jedoch nach neuen Reisepartnern umsehen. Und hier kam ich ins Spiel. Wir arbeiteten seinerzeit beide bei einer kleinen Spedition. In deren Lager stand die 200er DKW seines Bruders. Genau die sollte ich kaufen und außerdem noch den Einser-Führerschein nachmachen. Zunächst wehrte ich mich hartnäckig, denn mit Motorrädern hatte ich gar nichts am Hut. Thomas redete dann aber so lange auf mich ein, bis ich endlich die Waffen streckte, das 11 PS-Maschinchen für 300 Mark auf Raten kaufte und mich in einer Fahrschule anmeldete. Zwei Fahrstunden auf einem alten Roller genügten damals noch für den grauen Lappen.
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Beste Grüße
Wolf-Ingo
Αἰθίοπές τε <θεοὺς σφετέρους> σιμοὺς μέλανάς τε
Θρῆικές τε γλαυκοὺς καὶ πυρρούς <φασι πέλεσθαι>.
Wolf-Ingo
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Hochzeitsreise zu dritt
Ich habe nur ein einziges Mal geheiratet, aber zwei Hochzeitsreisen unternommen. Mit zwei völlig verschiedenen Frauen! Schuld daran war natürlich wieder Thomas. Wir hatten 1971 beschlossen, mit unseren Motorrädern Skandinavien unsicher zu machen. Aus angeblich sicherer Quelle war nämlich die Nachricht zu uns gelangt, dass Scharen von blonden Engeln die schwedischen Fährhäfen bevölkerten, um männliches Frischfleisch aus dem Süden abzuschleppen. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen. Umso mehr hat mich dann aber irritiert, dass der Thomas wenige Tage vor der gemeinsamen Abfahrt überraschend verkündete, dass er soeben geheiratet habe. Da seine Frau Chris aus verständlichen Gründen nicht allein zuhause bleiben wolle, müsse sie eben mit. Basta! Wie sich dann später herausstellte, hatte Thomas sehr gut daran getan, rechtzeitig vor Urlaubsbeginn den Ehehafen anzusteuern. Mangels blonder und – und vor allem williger - Engel blieb ich den ganzen Urlaub über solo.
Und so fuhren wir dann im August 1971 über Dänemark nach Schweden in den gemeinsamen Hochzeitsurlaub. Thomas samt Chris und Gepäck auf einer 8 PS starken 200er Zündapp und ich solo mit dem einzigen Zelt an der Sissybar hinterher. Seit dieser Zeit verbinde ich das Inhalieren von Zweitaktschwaden untrennbar mit dem Gefühl von Urlaub. Die erste Nacht verbrachten wir im Zelt auf einem Acker in der Nähe von Hannover. Der Landwirt, der uns morgens weckte, wollte uns nicht wie befürchtet verjagen, sondern brachte uns zwei Gläser Milch zum Frühstück. Er staunte nicht schlecht, als sich aus dem winzigen Zelt zwei Männer und eine Frau schälten. Das mit der Hochzeitsreise behielten wir aber wohlweislich für uns. Diese und die kommenden Nächte waren denkwürdig: Ich weiß nicht, wer mehr litt, die arme Chris oder ich. Sie war nicht allein mit ihrem frisch angetrauten Gemahl und ich lag auf Tuchfühlung mit einer schönen Frau, die nicht die Meine war und deren Ehemann zu allem Überfluß auch noch direkt neben ihr ruhte.
Ich habe nur ein einziges Mal geheiratet, aber zwei Hochzeitsreisen unternommen. Mit zwei völlig verschiedenen Frauen! Schuld daran war natürlich wieder Thomas. Wir hatten 1971 beschlossen, mit unseren Motorrädern Skandinavien unsicher zu machen. Aus angeblich sicherer Quelle war nämlich die Nachricht zu uns gelangt, dass Scharen von blonden Engeln die schwedischen Fährhäfen bevölkerten, um männliches Frischfleisch aus dem Süden abzuschleppen. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen. Umso mehr hat mich dann aber irritiert, dass der Thomas wenige Tage vor der gemeinsamen Abfahrt überraschend verkündete, dass er soeben geheiratet habe. Da seine Frau Chris aus verständlichen Gründen nicht allein zuhause bleiben wolle, müsse sie eben mit. Basta! Wie sich dann später herausstellte, hatte Thomas sehr gut daran getan, rechtzeitig vor Urlaubsbeginn den Ehehafen anzusteuern. Mangels blonder und – und vor allem williger - Engel blieb ich den ganzen Urlaub über solo.
Und so fuhren wir dann im August 1971 über Dänemark nach Schweden in den gemeinsamen Hochzeitsurlaub. Thomas samt Chris und Gepäck auf einer 8 PS starken 200er Zündapp und ich solo mit dem einzigen Zelt an der Sissybar hinterher. Seit dieser Zeit verbinde ich das Inhalieren von Zweitaktschwaden untrennbar mit dem Gefühl von Urlaub. Die erste Nacht verbrachten wir im Zelt auf einem Acker in der Nähe von Hannover. Der Landwirt, der uns morgens weckte, wollte uns nicht wie befürchtet verjagen, sondern brachte uns zwei Gläser Milch zum Frühstück. Er staunte nicht schlecht, als sich aus dem winzigen Zelt zwei Männer und eine Frau schälten. Das mit der Hochzeitsreise behielten wir aber wohlweislich für uns. Diese und die kommenden Nächte waren denkwürdig: Ich weiß nicht, wer mehr litt, die arme Chris oder ich. Sie war nicht allein mit ihrem frisch angetrauten Gemahl und ich lag auf Tuchfühlung mit einer schönen Frau, die nicht die Meine war und deren Ehemann zu allem Überfluß auch noch direkt neben ihr ruhte.
Zuletzt geändert von Nergal am Fr 1. Jan 2021, 12:14, insgesamt 1-mal geändert.
Beste Grüße
Wolf-Ingo
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Unsere Reise führte zwar nicht bis zum geplanten Ziel in Finnland, trug uns aber dennoch wertvolle Erkenntnisse ein. Erkenntnis Nummer 1 bestand in der Einsicht, dass man auch im Sommer nicht ohne Regenklamotten nach Skandinavien fahren sollte. Dass der Ort Strömsund hieß, in dem unsere nur aus Parkas, Jeans und Reitstiefeln bestehende „Ausrüstung“ vor den Wassermassen kapitulierte, war sicher eine besondere Ironie des Schicksals. Seitdem fahre ich keine 50 km mehr ohne eine vernünftige Regenkombi im Gepäck. Erkenntnis Nummer zwei bestand darin, dass wir bemerkten, wie gefährlich das Fahren von untermotorisierten Bikes ist. Viele Autofahrer überholten derart rücksichtslos, dass wir uns zu wundern begannen, warum wir noch lebten. Thomas schloss daraus, dass wir uns bald schnellere Motorräder kaufen müssten, die wenigstens 100 Knoten Reisegeschwindigkeit zuließen. Ich hielt ihn damals für einen gefährlichen Raser.
Beste Grüße
Wolf-Ingo
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Θρῆικές τε γλαυκοὺς καὶ πυρρούς <φασι πέλεσθαι>.
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Unsere Fahrt führte uns bald wieder in südlichere Gefielde. In St. Peter Ording waren wir für mehrere Tage die einzigen Gäste der örtlichen Jugendherberge. Dort konnten nicht nur unsere Klamotten gründlich trocknen, sondern die beiden frisch Vermählten endlich ein Stück Eheleben nachholen. Jede Nacht schlich sich Thomas heimlich in das Zimmer seiner Frau, um dann frühmorgens müde aber glücklich auf Zehenspitzen wieder in unsere Männergruft zurückzukehren. Streng waren die Sitten damals, so glaubten wir jedenfalls. Umso verblüffter waren wir später bei der Abreise. Es stellte sich dabei nämlich heraus, dass die Herbergsmutter Chris und Thomas nur deshalb getrennt untergebracht hatte, weil sie die beiden für Geschwister hielt. Hätte sie die wahren Umstände gekannt, so die gute Frau, dann wären die beiden Jungvermählten natürlich in ein gemeinsames Zimmer gekommen. Wir müssen nach diesem Kommentar ziemlich dämlich aus der Wäsche geschaut haben!
Beste Grüße
Wolf-Ingo
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Die 5.000 km lange Skandinavienreise hatte mich unheilbar mit dem Motorradbazillus infiziert. Umso schlimmer war, was danach geschah: Meine Unerfahrenheit brachte mich um meine geliebte DKW. Der Anlass war ziemlich banal und bestand in einem ungelösten Elektrikproblem. Die Ladekontrolleuchte glomm bei eingeschaltetem Scheinwerfer und war nicht mehr zum Verlöschen zu bringen. Erfahrung hatte ich keine und Geld für die Werkstatt erst recht nicht. Also vertraute ich mich einem Ingenieur namens Hubertus Müller an, der eigenen Angaben zufolge bereits maßgeblich bei der Entwicklung der V 1 mitgewirkt hatte. Diese Referenz überzeugte mich. Nicht bekannt war mir dagegen der Umstand, dass Hubertus Müller Sperrmüll in derart großen Mengen sammelte, dass er für dessen Unterbringung mehrere große Hallen anmieten musste. Da er die Miete regelmäßig schuldig blieb, kam, was kommen musste: Die Halle, in der meine DKW zur Überholung stand, war eines Tages ausgeräumt und abgerissen worden. Weder mein Motorrad noch Hubertus Müller habe ich jemals wieder gesehen. Auf letzteres konnte ich getrost verzichten.
Beste Grüße
Wolf-Ingo
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Spätsommer 1971 - eigentlich eine tolle Zeit: Motorradfahren war wieder in, und die jungen Frauen trugen Miniröcke. Leider hatte ich von beidem herzlich wenig: Meine 200er DKW war in der Lagerhalle eines Messies auf ewig verschollen, und Marlene hatte mich vor über einem Jahr sitzen lassen. Kärglichen Lustgewinn bereitete mir allenfalls das Treppensteigen im örtlichen Abendgymnasium, wo ich besseren Zeiten entgegenbüffelte. Kletterte dort nämlich eine Damengruppe die Stufen hoch, konnten Hinterhergehende intensive Betrachtungen darüber anstellen, wer die schönsten und längsten Beine hatte.
Die Siegerin in dieser Disziplin hieß Sigrid. Sie ging in meine Parallelklasse und schien bereits vergeben, was viele ihrer Mitschüler lebhaft bedauerten. Meine Chance kam im Herbst, als das Gymnasium eine Altgriechisch-AG anbot. Unter den Teilnehmern waren zufälligerweise auch Sigrid und ich. Eines Abends war der Platz neben ihr ausnahmsweise frei, und ich setzte mich ganz harmlos neben sie. Zuerst tauschten wir Blicke, dann Worte – und einige Wochen später standen wir in den Pausen öfter beieinander. Rasch war ich über beide Ohren verliebt. Den verehrten Mitschülern blieb mein Zustand nicht lange verborgen. Allesamt selbst nicht zum Zuge gekommen, rieten sie mir scheinheilig zur Aufgabe des hoffnungslos erscheinenden Unterfangens.
Die Siegerin in dieser Disziplin hieß Sigrid. Sie ging in meine Parallelklasse und schien bereits vergeben, was viele ihrer Mitschüler lebhaft bedauerten. Meine Chance kam im Herbst, als das Gymnasium eine Altgriechisch-AG anbot. Unter den Teilnehmern waren zufälligerweise auch Sigrid und ich. Eines Abends war der Platz neben ihr ausnahmsweise frei, und ich setzte mich ganz harmlos neben sie. Zuerst tauschten wir Blicke, dann Worte – und einige Wochen später standen wir in den Pausen öfter beieinander. Rasch war ich über beide Ohren verliebt. Den verehrten Mitschülern blieb mein Zustand nicht lange verborgen. Allesamt selbst nicht zum Zuge gekommen, rieten sie mir scheinheilig zur Aufgabe des hoffnungslos erscheinenden Unterfangens.
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Sigrid und ich begegneten uns regelmäßig in diversen Unterrichtsstunden und geselligen Runden danach. An einem trüben Novemberabend 1971 hatte sie die halbe Klasse in ihre Wohnung eingeladen. Fast alle verließen sie im Laufe der Nacht wieder; ich jedoch blieb bis in den frühen Morgen hinein. Angeregt klönten wir über Gott und die Welt. Als sie mir um sieben Uhr noch einen Kaffee machen wollte, hob der Verschlussdeckel ihrer altersschwachen Kaffeemühle ab und verstreute die Bohnen über die gesamte Küche. Sigrid gestand mir später, am Morgen dieser „Kaffeeexplosion“ sei es auch um sie geschehen gewesen. Wir zogen bald darauf zusammen und verlebten intensive Flittermonate. Mein beharrliches, aber unaufdringliches Werben hatte sich ausgezahlt. Wir machten das Abitur und heirateten am 11. Mai 1973 in aller Stille. Ein halbes Jahr später mieteten wir in Tübingen ein uraltes Bauernhäuschen und nahmen unser Studium an der örtlichen Universität auf.
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Einen unerfüllten Wunsch in meinem Leben gab es noch: ein eigenes Motorrad. Seiner Erfüllung standen leider die tristen ökonomischen Fakten entgegen. Unser Haushaltseinkommen war derart erbärmlich, dass wir anfangs regelmäßig in den Wald gehen und Pilze sammeln mussten, um ernährungstechnisch einigermaßen über die Runden zu kommen. An die Anschaffung eines teuren Zweirads war unter diesen Umständen nicht zu denken. Erst allmählich besserte sich unsere Finanzlage, so dass wir etwas Geld zurücklegen konnten, um für 1976 den Kauf einer 250er Viertakt-Honda ins Auge zu fassen. Stolze 3.800 Mark sollte sie kosten.
Es kam dann ganz anders: Anfang Juli 1975 hatten wir immerhin 2.500 Mark auf dem Konto und den neuesten Neckermann-Katalog vor Augen. Auf seinen hinteren Seiten lockte die Versuchung in Gestalt einer MZ TS 250. Einzig erhältliche Farbe: gelb. Das Design war eigentlich nicht mein Fall. Der an einen Badezimmerboiler erinnernde Tank, das kleine, nur 16 Zoll messende, Vorderrad und die langen, dünnen Gabelstandrohre machten aus der Zschopauer Zonenfeile wirklich keine Schönheit. Aber der geforderte Verkaufspreis von 2.490 Mark war unschlagbar.
Es kam dann ganz anders: Anfang Juli 1975 hatten wir immerhin 2.500 Mark auf dem Konto und den neuesten Neckermann-Katalog vor Augen. Auf seinen hinteren Seiten lockte die Versuchung in Gestalt einer MZ TS 250. Einzig erhältliche Farbe: gelb. Das Design war eigentlich nicht mein Fall. Der an einen Badezimmerboiler erinnernde Tank, das kleine, nur 16 Zoll messende, Vorderrad und die langen, dünnen Gabelstandrohre machten aus der Zschopauer Zonenfeile wirklich keine Schönheit. Aber der geforderte Verkaufspreis von 2.490 Mark war unschlagbar.
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Ich kaufte die Zeitschrift „Das Motorrad“ und erfuhr dort, dass die Viergang-TS als Deux-cheveaux unter den Motorrädern zu gelten habe: nicht schnell, aber praktisch und zuverlässig. Der warme und herrliche Sommer gab den Ausschlag: Am 7. Juli 1975 unterzeichnete ich den Kaufvertrag für eine neue MZ TS 250. Wenige Tage später holte ich sie bei der zuständigen Auslieferungswerkstatt in Reutlingen ab. Es handelte sich um eine Agip-Tankstelle, die von einem Kfz-Meister namens Karl-Heinz Gandt betrieben wurde. Neckermann schien der MZ-Qualität übrigens nicht ganz zu trauen. Das Serviceheft schrieb auf den folgenden 5.000 km nicht weniger als sechs Inspektionen vor, wollte man seinen Garantieanspruch behalten. Ich machte gute Miene zum bösen Spiel und ließ alle ausführen. Nicht nur deshalb konnte ich die Telefonnummer der Reutlinger Werkstatt bald auswendig aufsagen.
Das ist jetzt alles ewig lange her. Seitdem sind etwa eine halbe Million Motorrad-Kilometer auf meiner Gummikuh, auf meinen MZetten, Ziegelsteinen und Dominatoren zusammengekommen. Das ist keine rekordverdächtige Leistung, aber auch keine, für die man sich schämen muss. Mal sehen was die Zukunft bringt.
Ende der Geschichte. Jaja, ich weiß, der alte Sack erzählt immer wieder dieselben Geschichten. Aber 50 Jahre aufm Bock feiert man eben nicht alle Tage!
Das ist jetzt alles ewig lange her. Seitdem sind etwa eine halbe Million Motorrad-Kilometer auf meiner Gummikuh, auf meinen MZetten, Ziegelsteinen und Dominatoren zusammengekommen. Das ist keine rekordverdächtige Leistung, aber auch keine, für die man sich schämen muss. Mal sehen was die Zukunft bringt.
Ende der Geschichte. Jaja, ich weiß, der alte Sack erzählt immer wieder dieselben Geschichten. Aber 50 Jahre aufm Bock feiert man eben nicht alle Tage!
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Wolf-Ingo
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
...vielen Dank Wolf-Ingo
Schöne Geschichte und auch nach Jahren wieder herzerwärmend.
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Gruß
Hogi
Reisen bildet, baut Vorurteile ab und veredelt den Geist!
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
FB auf dem Kennzeichen.
Stimmt, du warst mal in der Wetterau beheimatet.
Toller Bericht.
LG Andreas
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Wolf-Ingo, weiter so!
Die wenigsten hier im Forum wissen, welche Geschichten hinter den Emmen stehen, Ost wie West. Meine Kumpels sagen immer, darauf können wir verzichten
Ich möchte meine nicht mehr hergeben und wenn ich daran denke, dass ich mit ihr vor einigen Jahren um diese Zeit in Südfrankreich rum gebrummt bin, dann ............
Gruss
Die wenigsten hier im Forum wissen, welche Geschichten hinter den Emmen stehen, Ost wie West. Meine Kumpels sagen immer, darauf können wir verzichten
Ich möchte meine nicht mehr hergeben und wenn ich daran denke, dass ich mit ihr vor einigen Jahren um diese Zeit in Südfrankreich rum gebrummt bin, dann ............
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Immer wieder schön zu lesen.
Und Danke, Wolf-Ingo, fürs Rüberkopieren des Threads aus dem alten Forum. Dort liest ihn vermutlich sowieso niemand mehr.
Viele Grüße,
Steffen
Und Danke, Wolf-Ingo, fürs Rüberkopieren des Threads aus dem alten Forum. Dort liest ihn vermutlich sowieso niemand mehr.
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Ja, SUPER dass Du die Geschichte noch einmal "aufgewärmt" hast.
Herzlichst
Sylvia
Herzlichst
Sylvia
Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Sigrid war ja ein hübsches Frauchen mit für diese Zeit typischer Frisur; hast Du auch Sigrid-Bilder von heute?
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Hallo Wolf Ingo,
sehr schöner Bericht, den man nicht oft genug lesen Kann.
Auf dem Bild sieht Sigrid aus wie Uschi Nerke, die ehemalige Moderatorin vom Beat Club.
Weiter so.
Peter K
sehr schöner Bericht, den man nicht oft genug lesen Kann.
Auf dem Bild sieht Sigrid aus wie Uschi Nerke, die ehemalige Moderatorin vom Beat Club.
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Peter K
Gruss Peter K
Groß wird des Schlossers Kraft, wenn er sich Verlängerung schafft.
Groß wird des Schlossers Kraft, wenn er sich Verlängerung schafft.
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Merci, Ihr Lieben, für die freundliche Aufnahme meines Berichts!
Beste Grüße
Wolf-Ingo
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Mach weiter Wolf-Ingo - Du könntest das Telefonbuch abschreiben und es würde sich 'spannend Lesen' ... ;
mfG. Herbert
... war nie wirklich weg - hab mich nur versteckt ... (Marius-M.-W.)
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Ich finde die Geschichte toll und vielen Dank für's teilen.
50 Jahre Motorradfahren hat schon was.
Ein deja vu hatte ich dennoch:
viewtopic.php?f=10&t=2271
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Ich hab die Geschichte jetzt zum ersten Mal gelesen - toll! Ich liebe solche Erzählungen!!
LG Bea
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Ach du sch... Das ist mir wirklich entgangen, Leute! Altersdemenz, ick hör dir trapsen. Schluck!
Beste Grüße
Wolf-Ingo
Αἰθίοπές τε <θεοὺς σφετέρους> σιμοὺς μέλανάς τε
Θρῆικές τε γλαυκοὺς καὶ πυρρούς <φασι πέλεσθαι>.
Wolf-Ingo
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Es sei Dir verziehen.
Erzähle aber mal von der Tour, die danach kam, und von der danach und...!
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Merci, lieber Steffen. OK, mach ich!
Beste Grüße
Wolf-Ingo
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
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Re: Fünf Jahrzehnte auf zwei Rädern – Meine allererste Motorradreise (1971)
Ich steige ebenfalls mal im Jahr 1971 ein - zwar noch nicht mit einem 'richtigen_Motorrad' - allerdings mit einem 'richtigen Klein-Kraftrad', mit dem man im Alter von immerhin schon 16 Jahren bereits auch mal auf die Autobahn durfte .
Das Foto wurde während des Elefanten-Treffens am Nürburg-Ring im Januar 1971 aufgenommen. Die Ausrüstung bestand aus einem Baumwoll-Zelt und aus ausrangierten Armee-Klamotten (Sch.... war das Kalt). Die Fackelfahrt am Samstag Abend, zu Ehren der in der vergangenen Saison verstorbenen Motorrad-Fahrer, über die verschneite Nordschleife war allerdings ein Erlebnis, das man wohl niemals vergisst.
Wichtig war es damals genug 'Hochprozentiges' dabei zu haben - die Zündapp die im Hintergrund am Zaun lehnt, das war seinerzeit meine (!)
Wieder Zuhause angekommen hat mich meine Mutter erstmal nicht ins Haus gelassen - so wie Du stinkst kommst Du nicht ins Haus - ich musste mich dann cpl. in der Waschküche auskleiden und auf dem direkten Weg ins Badezimmer - zwei Stunden später ging es mir dann wesentlich besser (!)
MfG. Herbert
Das Foto wurde während des Elefanten-Treffens am Nürburg-Ring im Januar 1971 aufgenommen. Die Ausrüstung bestand aus einem Baumwoll-Zelt und aus ausrangierten Armee-Klamotten (Sch.... war das Kalt). Die Fackelfahrt am Samstag Abend, zu Ehren der in der vergangenen Saison verstorbenen Motorrad-Fahrer, über die verschneite Nordschleife war allerdings ein Erlebnis, das man wohl niemals vergisst.
Wichtig war es damals genug 'Hochprozentiges' dabei zu haben - die Zündapp die im Hintergrund am Zaun lehnt, das war seinerzeit meine (!)
Wieder Zuhause angekommen hat mich meine Mutter erstmal nicht ins Haus gelassen - so wie Du stinkst kommst Du nicht ins Haus - ich musste mich dann cpl. in der Waschküche auskleiden und auf dem direkten Weg ins Badezimmer - zwei Stunden später ging es mir dann wesentlich besser (!)
MfG. Herbert
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