Tag 6:
Die heutige Tour hatte folgendes auf dem Programm:
Da ich mir auf der Karte nicht angeschaut hatte, wo genau Scanno, der Endpunkt der Tour ab wo es wieder retour ging, liegt, war ich mir nicht sicher, wie viele Kilometer wir heute fahren würden. Daher ließ ich mich dahingehend erstmal überraschen.
Zunächst war aber das Kennenlernen der Leute und ihrer Domis angesagt.
Hier mal eine Auswahl an italienischen Domis:
Eine schöne blaue. Sogar mit dem originalen Sitzbezug, wobei dieser auf der Sitzfläche schon sehr angegilbt gewesen ist:
Svens Schwesterdomi:
Die rote Ur-Domi von Ciro, dem italienischen Domi-Guru:
Er ist in Italien der Master-Mind in Sachen Domi-Technik.
An seiner eigenen hat er interssante Umbauten dran. Man beachte die Doppelscheibenbremse der Africa Twin. Auch die Felgen sind etwas breiter und die hintere Bremse ist auch gepimpt.
Die Langstrecken-Domis:
An der schwarzen Ur-Domi fand ich den Schwarz-Look mit den schwarzen Felgen interessant. Die Scheibe hingegen ist Geschmackssache.
Die Front der weißen Domi ist einteilig. Entweder hat er zu der selbstgebauten Rallye-Haube die originalen Verkleidungen einfach mit einlaminiert, oder er hat tatsächlich ein großes Teil laminiert, das aus Nachbauten der großen Verkleidungen und der Rallye-Haube besteht. Leider weiß ich es nicht, da ich mit dem Besitzer nicht ins Gespräch gekommen bin. Sah aber wertig gemacht aus.
Hier nochmal die schwarze Ur-Domi:
Kilometerstand: ca. 70.000
Der Besitzer hat aber einmal den Motor überholt.
Und nochmal ein Rallye-Umbau:
Der Fuhrpark und die Domi-Banner:
Dieses Foto kennt Ihr auch schon. Sven macht den Rolf:
Jeden Morgen war bei meiner Domi die obligatorische Ölkontrolle und Öl Nachfüllen angesagt. Der Motor ist mittlerweile bei einem Ölverbrauch von gut einem Liter auf 1000 km angekommen. Ja, ich weiß... ein moderner VW Motor kann das auch brauchen, ohne dass er als defekt gewertet wird... aber wenn man nur 2 Liter Öl Gesamtvolumen im Motor hat, kann das schnell wirklich kritisch werden.
Der Motor hat im Laufe der Zeit außerdem schleichend das Klappern in kaltem Zustand angefangen. Woher es genau kommt, weilß ich nicht. Nach den Ventilen klingt es aber nicht. Außerdem ist das Geklappere weg sobald er warmgefahren ist. Nun ja, ich war mir des Risikos einer Panne mit der Domi durchaus bewusst. Wäre halt nur blöd gewesen wenn es dann passiert wenn ich am weitesten von zuhause entfernt bin. Aber immerhin hat meine Domi seit dem Zwischenfall bei Reutlingen und der kollektiven Startverweigerung am Jaufenpass, brav ihren Dienst verrichtet.
Um kurz nach 09:00 Uhr war Abfahrt der kompletten Gruppe. Es gab ein paar Guides auf Fremdmopeds, die die Route geplant hatten und die dafür sorgten, dass alle zusammen blieben. Es waren immerhin gut 40 - 50 Motorräder.
Ich befand mich irgendwo im hinteren Mittelfeld. Die Fahrt war sehr... äh... wie soll ich es sagen? ...gemütlich. Mit maximal Tempo 60 ging es über italienische Landstraßen. Die Guides sorgten brav dafür, dass wir immer freie Fahrt hatten.
Irgendwann in einer Linkskurve kam uns in einer nicht sehr engen Kehre ein Bus entgegen. Da einige auf den rechten Fahrbahnrand ausweichen mussten, verlangsamten wir das Tempo. Und während ich mit nicht einmal 30 km/h gemütlich nach rechts fuhr, um dem Bus Platz zu machen, nahm die Domi plötzlich kein Gas mehr an und starb ab.
Ein sofortiger Druck auf den E-Starter Knopf aktivierte zwar selbigen, aber starten wollte die Domi nicht. Also füßelte ich die Domi erst einmal an den rechten Straßenrand mitten in der Kurve. Ich probierte es nochmal. Nichts passierte. Und noch einmal. Sie startete einfach nicht mehr. Sofort waren ein paar Leute um mich herum und halfen mir, die Domi raus aus der Kurve an den Fahrbahnrand zu schieben.
Was nun?
Ciro stand plätzlich neben mir. Er hörte sich den Klang der Startprozedur an, schaute nach, ob genug Öl vorhanden ist, schnüffelte am Öl und machte dann eine verneinende Handbewegung, schüttelte den Kopf und meinte nur:"compressione".
Sollte es das wirklich gewesen sein? Der Motor, plötzlich platt und ohne Kompression? Für mich klang die Startprozedur eigentlich sehr vertraut. Sie pöttelte beim Starten leicht aus den Töpfen. Das ist für mich immer ein Zeichen, dass ein Zündfunke da ist. Auch habe ich keine weiteren, ungewöhnlichen Geräusche ausmachen können, die tatsächlich auf einen Motordefekt schließen konnten. Aber warum zum Henker startete sie dann nicht?
In der Zwischenzeit fuhr der Tross weiter zum ersten Treffpunkt. Ein paar Leute blieben bei mir.
Der erste Plan war, dass ich die Domi an Ort und Stelle erstmal stehen lassen und die Tour als Sozius bei einem der Guides weiterfahren soll. Der Rückweg sollte uns wieder hier vorbeiführen. Ciro bot mir an, nach der Tour die Domi mit seinem Anhänger abzuholen und zum Hotel zu transportieren. Dort könnten wir dann in aller Ruhe dem Problem nachgehen.
Zuvor aber probierten wir noch ein paar Kleinigkeiten aus. Wir prüften die Spritzufuhr. Sprit kam an. Eine Ersatz-CDI hatte ich auch dabei. Diese tauschten wir aus. Leider ohne Erfolg. Beim Prüfen, ob der Zündfunke vorhanden ist, schraubten wir die Zündkerze raus. Zum Vorschein kam eine etwas verdreckte und verölte Zündkerze. Hmm... beim letzten Check letzten Sommer sah die Zündkerze eigentlich noch ziemlich gut aus. Ein schlechtes Zeichen.
Zündfunke war vorhanden, wenn auch etwas schwächlich. Da uns aber die Zeit davon lief und die Guides, die noch bei uns standen, langsam ungeduldig wurden, fügte ich mich meinem derzeitigen Schicksal und stellte die Domi ab. Ein gutes Gefühl hatte ich dabei nicht.
Ich fuhr weiter auf dem Soziusplatz einer 1000er V-Strom älteren Baujahres. Da ich den Fahrstil meines Fahrers noch nicht kannte, der aber gleich zu Beginn ordentlich am Kabel zog, wurde mir erstmal ein bisschen komisch zumute. Hoffentlich überlebt diese Prozedur mein Magen, war mein erster Gedanke. Immerhin verfügte die V-Strom über ordentlich dimensionierte Haltegriffe und ein Topcase. Herunterfallen war daher eher weniger wahrscheinlich. Trotzdem musste ich mich gut festhalten, zumal er den Job inne hatte, die Straßen abzusperren, damit die ganze Gruppe ungehindert vorbeifahren konnte. Und danach preschte er wieder ganz nach vorne.
Beim ersten Treffpunkt war eigentlich nichts Besonderes. Wir standen mitten im Dorf auf einem Platz und quatschten miteinander. Da wir mittlerweile wieder komplett waren, ging die Fahrt nach ca. 10 Minuten weiter. Mittlerweile hatte ich mich an die Fahrerei hinten drauf einigermaßen gewöhnt. Mein Magen hielt die Klappe. Und der Kopf sagte: Wird schon schiefgehen.
Nächster Stopp war nur wenige Kilometer später an einem Stausee, dem Lage di San Domenico.
Die Mopeds mussten irgendwie und irgendwo am Straßenrand geparkt werden, weil Parkplätze gab es hier nicht:
Der See:
Interessant fanden wir, dass unter der jetzigen Brücke bereits eine alte Brücke existiert hat. Die stammt allerdings aus der Zeit, als der See noch nicht gestaut wurde. Da durch die Stauung der Wasserpegel anstieg, bauten die Italiener kurzerhand einfach eine neue Brücke über die alte.
Auf der anderen Seite der Brücke ist ein Gebäude zu sehen. Das ist eine kleine Kirche.
Die Kirche wurde direkt vor eine Grotte gebaut. Man kann in der Kirche links vom Altar durchgehen und eine Treppe besteigen, um zur Grotte zu gelangen:
Allzu viel war dort allerdings nicht zu sehen. Aber nett war's trotzdem.
Andere Uferseite des Sees:
Wie viel Zeit verbachten wir dort? Keine Ahnung, aber es war mindestens eine halbe Stunde.
Danach ging es weiter in Richtung dem Dorf Scanno. Vom See aus preschte mein Guide voraus ins Dorf. Wir waren die ersten, die dort waren. Mein Fahrer parkte seine V-Strom am Straßenrand, ging über die Straße und verschwand in der nächsten Bar.
Da ich sonst niemanden hier kannte, weil die Gruppe noch nicht da war, folgte ich ihm. Er kannte ein paar Leute, die in der Bar waren. Mit denen zischte er gleich eine Runde Campari-Prosecco. Mittlerweile kam die Domi-Gruppe im Dorf an. Sie parkte die Straße weiter rauf ein paar hundert Meter weiter entfernt. Ich wurde auch zum Trinken eingeladen. Da mir aber überhaupt nicht nach Alkohol-Becherei zumute war, beließ ich es bei einer erfrischenden Cola. Bis ich die getrunken hatte, war die zweite Runde Campari-Prosecco angesagt.
Ich ging aus der Bar heraus, weil ich wissen wollte, was hier im Ort eigentlich geplant ist. Gibt es hier schon Mittagessen? Es war mittlerweile Mittagszeit. Aber auch mein Guide wusste es nicht.
Draußen begegnete ich einer Dorfkombo. Die sahen mich, und hielten gleich mal die Hand auf.
Ich gab ihnen ein paar Münzen. Im Gegenzug aber wollte ich von ihnen ein Foto haben:
Generell war in dem Dörfchen echt was los. Gefühlt war so ziemlich jeder auf den Beinen.
Ich ging also die Straße rauf und traf auf Cesare. Auch wer wusste nicht wirklich, was wir hier tun sollten. Da er mittlerweile ebenfalls hungrig war, forcierte er die Weiterfahrt zum Restaurant wo das Mittagessen geplant war. Ich marschierte also die Straße wieder runter und sagte meinem Guide Bescheid, während die ersten aus unserer Gruppe schon wieder an mir vorbei fuhren. Von hier aus ging die Tour einfach wieder zurück.
Es muss ein Wink des Schicksal gewesen sein, dass bei dieser Fahrt ein paar Tropfen Regen heruntergekommen sind. War nichts Wildes. Aber es veranlasste meinen Guide massiv Tempo rauszunehmen, weil ja die Straßen rutschig sein könnten.
Wir fuhren die Strecke zurück, nicht weit weg von der Stelle wo ich die Domi abgstellt hatte. Dort ging es eine kleine Straße den Berg rauf zu einem Gasthof. Zu essen gab es gtu bürgerliche italienische Küche. Generell wurden wir weniger mit Pizza oder Pasta gemästet, sondern eher mit einfacher, aber sehr leckerer Hausmannskost. Und dazu gab es
immer Wein und Wasser. Man kam um den Wein eigentlich nicht herum.
Sven mit Cesare und Fortunata.
Die Tafel:
Draußen. Die Gewitterwolken wollten von uns nichts wissen.
Nach dem Essen gab es draußen vor'm Gasthaus noch eine Exkursion in Sachen Käse-Herstellung.
Es war mittlerweile tiefster Nachmittag. Ich wurde zusehends unruhiger. Wollte ich doch endlich nach meiner Domi schauen.
Generell muss ich wohl an dem Tag ein langes Gesicht gezogen haben. Wurde ich doch immer wieder von dem ein oder anderen dazu ermuntert, die Tour zu genießen, und dass wir demnächst nach meiner Domi schauen würden.
Nun ja, aber alle waren damit beschäftigt, dem bärtigen Herrn beim Käse Herstellen zuzuschauen.
Nach einer Weile kam Kurtl auf mich zu und bot mir an, mich schonmal zu meiner Domi zu fahren. Er glaubte, so wie ich, nicht an einen Motorschaden.
Ich packte also meinen Krempel zusammen, stieg bei ihm hinten auf die Domi und wir fuhren zusammen dorthin, wo ich die Domi abgestellt hatte, und wo sie auch noch genau so dort stand wie ich sie abgestellt hatte.
Wir prüften nochmal die Zündung, da uns versehentlich das Zündkabel von der Ader der Zündspule ab ging. Nun, Zündfunke war da, aber anspringen wollte sie immer noch nicht.
Mittlerweile waren auch Sven, Giuseppe und Fortunata bei uns angekommen. Wenige Minuten später fuhren auch die ersten anderen Domis an uns vorbei. War das Käse-Schauspiel wohl nun doch zu Ende.
Als letzte Maßnahme setzten wir Kurtls Vorschlag um, und ließen die Domi zum Starten den Berg runterrollen. Damit würden wir auch sofort merken, ob die Kompression weg ist oder nicht.
Wir schoben also die Domi in die abschüssige Kurveninnenseite. Kurtl schob mich an, ich haute im 2. Gang die Kupplung rein und...
die Kiste lief wieder!!!
Ich war in dem Moment einerseits tierisch erleichtert, aber andererseits auch ziemlich stinkig auf die schwarze Zicke. Diesen Tag hätte ich wahrlich anders genießen können ohne diese Sperenzchen.
Wir packten alles zusammen und fuhren zurück zum Hotel.
Dort angekommen waren wir mit die ersten, die überhaupt anwesend waren. Der Rest der Truppe vergnügte sich noch in der Innenstadt von Sulmona. Da hätte ich auf meinen Anhängertransport noch lange warten können.
Ok, sei es drum. Die Domi lief wieder.
Ursache? Ich tippe auf abgesoffen. Der Vergaser scheint ab und zu Probleme zu haben. Das erklärt vielleicht auch den völlig unterschieldichen Leerlauf, den die Domi hin und wieder an den Tag legt. Ich fahre ein paar Kilometer, halte an und der Leerlauf bleibt schön stabil. Fahre ich ein paar Kilometer weiter und halte dann an, kann es passieren, dass die Leerlaufdrehzahl innerhalb weniger Sekunden einfach rutergeht bis die Domi abstirbt. Beim nächsten Stopp ist dann wieder alles ok. Es ist daher dringend an der Zeit, dass der Vergaser grundlegend überholt wird.
Da stand sie also wieder auf dem Hof:
Ich postete in die Raduno-WhatsApp Gruppe, dass meine Domi wieder lief und dass ich keinen Transport benötige.
Und die Diagnose von Ciro lag erfreulicherweise völlig daneben.
Abendstimmung:
Im Laufe des Abends kam auch Martin am Hotel an. Er flog morgens wieder zurück nach Rom, schnappte seine Domi, die noch beim B&B in Bracciano stand und fuhr uns hinterher nach Sulmona. Somit waren wir wieder vollzählig.
Das Abendessen startete an diesem Tag noch später.
Bis wir mit allen Menügängen durch und beim Dessert angekommen waren, war es bereits Mitternacht. Also gefühlt verbrachten wir den halben Tag nur mit Essen.
Aber zusammen mit Cesare am Tisch wird es niemals langweilig.
-- Ende Tag 6 --